75 Jahre Puppenkiste

Marionetten für fromme Stücke

AUGSBURG – Am 26. Februar 1948 begrüßte der „Kaschperl“ die Besucher des ersten Bühnenstücks in der Augsburger Puppenkiste im Heilig-Geist-Spital. Gespielt wurde „Der gestiefelte Kater“. Seitdem sind 75 Jahre vergangen. Der Kasperl ist immer noch dabei und das Marionettentheater beliebt wie eh und je. Die Jubiläumsausstellung „Ein Hoch auf … 75 Jahre Augsburger Puppenkiste“ im Puppentheatermuseum „Die Kiste“ blickt zurück und zeigt Szenen aus vielen Inszenierungen.

Als Erstes treffen die Besucher auf eine dunkle Kiste. In ihr stehen die beiden ältesten Figuren aus dem Stück „Der gestiefelte Kater“. Nur der Zauberer und der Kopf des Katers sind erhalten geblieben. Klaus Marschall, Inhaber der Puppenkiste und Enkel des Gründers Walter Oehmichen, vermutet, dass seine Mutter Hannelore Marschall einen neuen Kopf geschnitzt hat und der alte in einer Kiste gelandet ist. Das Märchen der Gebrüder Grimm wird auch heute noch gespielt. „Wir interpretieren die Stücke allerdings neu und passen sie der Zeit an“, erklärt Marschall.

In den Vitrinen treten die Figuren auf, die Generationen von Kindern bezaubert haben. Bei einigen sind die alten Marionetten den gleichen Figuren aus neueren Vorstellungen gegenübergestellt. Beispielsweise beim „Zauberer von Oz“ und bei „Schneewittchen und die sieben Zwerge“.

Beim Rundgang durch das Museum zeigt sich die große Bandbreite der Puppenkiste. Neben Märchen wurde mit den Puppen an Fäden schon immer auch klassische Literatur auf die Bühne gebracht. Erwachsene sahen 1948 „D. Johannis Fausti“. Später öffneten sich die Türen der Kiste für Opern von Mozart, Richard Wagners „Ring des Nibelungen“, Shakespeares „Sommernachtstraum“ und griechische Komödien. 

Bis heute eine feste Einrichtung ist das Kabarett. Es entwickelte sich aus dem „Ka-Ba-Reh“, das 1950 von Manfred Jenning als Politsatire begann. Der Kasperl durfte als
bissiger Conférencier im Augsburger Dialekt durch die Schau führen. Kinder freuten sich, Figuren aus Kinderbüchern wie „Die Opodeldoks“, „Kater Mikesch“, „Räuber Hotzenplotz“ oder „Das Urmel“ in Bewegung zu erleben. 

Eine Vitrine erinnert daran, dass Walter Oehmichen 1958, um die Puppenkiste zu einem Gruppenausflugsziel für Kirchenvertreter und ihre Firmlinge zu machen, das fromme Stück „Pepino oder das kleine Wunder“ inszenierte. Der Waisenjunge Pepino lebt in Assisi und hat nur noch die Eselin Violetta. Als sie schwer krank wird, bittet der Junge Pater Damico, das Tier in die Kapelle des heiligen Franziskus führen zu dürfen, um den Heiligen um Gesundung zu bitten. Der Wunsch wird ihm verwehrt. Nur der Papst kann das Verbot aufheben. Deshalb macht sich Pepino auf den Weg in den Vatikan. Die Szene zeigt ihn mit Violetta vor zwei Männern der Schweizer Garde.

Noch älter ist die Figur des heiligen Christophorus, die im Mai 1949 zum ersten Mal im Mittelpunkt des Legendenspiels stand. Die große Marionette trägt das Jesuskind auf den Schultern und damit die Last der Welt. Als der mächtige und gefürchtete Mann Jesus erkennt, bekommt er von ihm den Namen Christophorus. Damit verändert sich sein Gesicht: Es ist nicht mehr angsteinflößend, sondern freundlich.

Beim Jubiläumsrückblick werden auch die Auszeichnungen und Preise gezeigt, die das Marionettentheater erhalten hat, die Gründer und Mitarbeiter der ersten Stunde vorgestellt und Erinnerungen an die Fernsehsendungen geweckt, die die Puppenkiste deutschlandweit bekanntmachten. Dazu gibt es während der gesamten Laufzeit Veranstaltungen und ein Begleitprogramm für Kinder. Roswitha Mitulla

Information 

Die Sonderausstellung „Ein Hoch auf … 75 Jahre Augsburger Puppenkiste“ ist bis 5. November im Museum „Die Kiste“ an der Spitalgasse 15 in Augsburg zu sehen. Das Museum ist Mittwoch bis Sonntag von 12 bis 18 Uhr geöffnet.

22.04.2023 - Bistum Augsburg